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trailer world Ausgabe Eins 2013

10      Ausgabe Eins 2013 Reportage »Bei einem Erdbeben ist der Tunnel der sicherste Ort.« Selami Isik, Bauingenieur bei Avrasya Consult Fotos:AgataSkowronek,SusanneLandwehr Meter weit durch den Tunnel Richtung Eu- ropa, bis wir uns unter den Wassermassen des Bosporus befinden. Der Rohbau ist fast fertig, nun werden die Arbeiten an den Schienen fortgesetzt. Mitte Januar war der türkische Premiermi- nister vor Ort, um die ersten Schienen ein- zuweihen. Auf einem roten Teppich schritt er durch den Tunnel und verkündete in sei- ner Rede: „Der Marmaray-Tunnel ist kein türkisches, sondern ein Weltprojekt.“ Erste Ideen für ein solches Projekt gab es schließlich schon im Jahr 1860, als die Osmanen von einer Verbindung zwischen den Kontinenten träumten. Technisch lässt diese sich aber erst heute wirklichen. Da- hinter steht ein japanisch-türkisches Kon- sortium: Aufgrund der geografischen Lage und der Tiefe des Bosporus entschieden die Bauherren, auf dessen Grund einen Graben auszuheben und Tunnelelemente darin zu versenken. In der türkischen Werftenstadt Tuzla auf der asiatischen Seite Istanbuls ent- standen in den Jahren 2007 und 2008 ins- gesamt elf Tunnelteile aus Beton, das größte mit einer Länge von 135 Metern und einem Gewicht von 15.000 Tonnen.  „Nach der Produktion in der Werft hat ein spezielles Schiff die Elemente durch das Marmara-Meer zur Baustelle gezogen und dort versenkt“, erklärt Selami Isik, Bauinge- nieur der Beratungsfirma Avrasya Consult. Die besondere Herausforderung seien die gewaltigen Strömungen des Bosporus gewe- sen – und der Schiffsverkehr. Um die Tun- nelelemente richtig platzieren zu können, hatte man sie mit einem GPS-System aus- gestattet. Die Techniker konnten über einen Bildschirm verfolgen, was in 60 Meter Tie- fe vor sich ging. Der gesamte Weg von der Werft bis zum Grund des Bosporus dauerte pro Tunnelelement rund sechs Tage. „Mit zwei Elementen haben wir einen Weltrekord erzielt“, sagt Selami Isik. Denn noch nie zuvor habe jemand Tunnelteile in so tiefen Gewässern versenkt. 1,4 Kilometer der insgesamt 76 Kilometer langen Strecke zwischen Halkali auf der europäischen und Gebze auf der asiatischen Seite führen unter dem Bosporus entlang. Weitere 9,8 Kilome- ter wurden von insgesamt fünf Tunnelbohr- maschinen gegraben. Die gebohrten und versenkten Tunnelteile wurden auf beiden Seiten mit einem speziellen kautschukähn- lichen Material verbunden. „Sie dienen auch gleich als Erdbebensicherung, weil sie die Wucht der Stöße abfedern können“, so Selami Isik. Der gesamte Tunnel sei darauf ausgelegt, eine Erdbebenstärke von 7,4 auf der Richter- skala unbeschadet zu überstehen: „Bei einem Erdbeben ist der Tunnel der sicherste Ort, an dem Sie unterkommen können.“ Die Kapazität des Tunnels beläuft sich auf täglich rund 75.000 Passagiere, in der Nacht sollen Frachtzüge die Verbindung nutzen. „Wann die Cargozüge genau fahren werden, ist noch nicht geklärt“, sagt Gök- han Göker, Sicherheitsexperte der Taisei Group. Die Frachtzüge dürften die Strecke etwa zwischen Mitternacht und fünf oder 60 Meter tief unter den Wassermassen des Bosporus entlang

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