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trailer world Ausgabe Eins 2009

10 Ausgabe Eins 2009 AndenStändenscheinendieUhrenjedochnoch langsamer zu ticken. Vielleicht auch, weil man auf dem Großmarkt unter sich bleibt. Man kennt und duzt sich. Der Name zählt genauso wie das Wort. „Der Ton ist hart, aber herzlich“, sagt Hodorff. Auch bei ihm ist von Stress nichts zu spüren. Obwohl er seit 23 Uhr am Stand steht, um Ware zu sortieren und „Ausstellung zu machen“, wie er sagt. Um 24 Uhr kommen die ersten Kunden, die letzten gegen 9 Uhr morgens. Er verkauft, ordert, disponiert, te- lefoniert, verschickt E-Mails. Um 12 Uhr schließt er den Stand, baut ab, macht Kasse, um 15 Uhr ist Feierabend. Geöffnet ist sein Geschäft rund um die Uhr. Hinter den Kulissen arbeiten 38 Leute für ihn – im Büro und in seinen drei Lägern mit 2.000 Quadratmetern Kühlfläche. Er verkauft nicht nur vor Ort, sondern liefert auch an Supermärkte. Täg- lich fahren bis zu 16 Lkw mit Obst und Gemüse für ihn raus, sein Jahresumsatz liegt bei über 20 Mil- lionen Euro. „Damit gehöre ich zu den mittleren Unternehmen auf dem Gelände“, so Hodorff. Doch man spürt den Wandel. „Früher musste man die Käufer mit Absperrketten zurückhalten“, erzählt Hodorff. Sonst hätten sie sich schon vor Öffnung des Marktes aufs Gelände gedrängt. Heu- te sind die Gänge längst nicht mehr so belebt. Viele bestellen per Fax oder Telefon. Kurt Lauenroth erledigt seine Einkäufe lieber vor Ort. Er kommt immer morgens um vier Uhr, um frische Ware für seinen Laden „LL Der Frucht- markt“ zu besorgen. Auch wegen der großen Aus- wahl. Um sieben steht er im Geschäft. „Der persön- liche Einkauf gehört dazu“, sagt der 57-Jährige und lehnt sich gegen seine Holzkarre. In einem kleinen Heft ist der Einkauf notiert: Ananas, Birnen, Wein- trauben, Mangos, Kräuter, Blumenkohl und ande- res Gemüse. Heute hat er bereits zehn Stände abge- klappert. „Bei Heinrich nehme ich Beerenfrüchte mit, der hat die besten“, sagt Lauenroth und klopft Hodorff auf die Schulter. Einige Schritte weiter riecht Jens Heimbach an den Steinpilzen und fühlt, ob sie fest sind. Er betreibt einen Obst- und Gemü- sestand auf zwei Wochenmärkten. „Über den Preis kann man noch sprechen“, sagt Heimbach. Han- deln gehöre nun mal dazu. Schließlich nimmt er vier Körbe Steinpilze. Die Auswahl an den Ständen ist im Laufe der Jahre größer geworden, viele Kleine haben jedoch aufgegeben. Gab es 1962 noch 544 Importeure und Großhändler, sind es inzwischen 81, die Zahl der Selbstvermarkter ging in dieser Zeit von 661 auf 72 zurück. „Die Urgesteine sterben langsam aus“, sagt Hodorff. Und oft fehlen Nachfolger, wenn sie nicht aus der eigenen Familie kommen. Das hohe Arbeitspensum ist nicht jedermanns Sache. Auch der Preisdruck macht den Händlern zu schaffen. „Und traut sich doch ein Fremder, einen Stand zu übernehmen, wird er nicht immer von den Kun- den akzeptiert“, so Hodorff. Man ist eben eine ein- geschworene Gemeinschaft, und das Geschäft ba- siert auf Vertrauen. Immer mehr aber auch auf Masse. Um Kosten- vorteile zu erzielen, haben sich vor drei Jahren die Händler Reimer Hauschildt und Marc Beckmann mit der Erzeugerorganisation Veiling zur Vermark- tungsgesellschaft Godeland zusammengeschlos- sen. „So sind wir besser aufgestellt und können eine breitere Produktpalette bieten“, erklärt »Ich komme jeden Tag persönlich auf den Großmarkt, hier gibt es alles. Solche Auswahl finde ich nirgendwo anders.« Kurt Lauenroth, Inhaber des Obst- und Gemüseladens „LL Der Fruchtmarkt“ Titel Gelebte Tradition Scharfer Wettbewerb Das Notizbuch dient beim Großeinkauf als Gedächtnisstütze. Die Kunden prüfen die Ware gerne selbst. Fotos:Gielen

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