Kommerzielle Logistikunternehmen helfen dabei, Katastrophenhelfer und deren Equipment schnell an ihren Einsatzort zu bringen.
6 Ausgabe Eins 2010 Wenn Chris Weeks über seine Zeit in Haiti spricht, dann redet er nicht zu- erst darüber, dass sich draußen die Trüm- mer türmten, Leichen mitten auf der Straße lagen und Plünderer in der zerstörten In- nenstadt von Port-au-Prince Schüsse abfeu- erten. Der Leiter der Abteilung für humani- täre Angelegenheiten von DHL sagt: „Es war ziemlich schwer, bei dem ständigen Lärm landender Flugzeugen zu schlafen.“ Sein Zwei-Mann-Zelt hatte der Brite direkt neben der einzigen Landebahn des Flugha- fens von Port-au-Prince aufgeschlagen: aus Sicherheitsgründen, weil das US-Militär die provisorische Zeltstadt der internationalen Helfer dort beschützen konnte. Tagsüber ar- beiteten er und seine Mitarbeiter fieberhaft am Aufbau eines logistischen Hilfssystems. „Normalerweise landen auf dem Flughafen in Port-au-Prince täglich nur 10 Flugzeuge. Doch auf einmal waren es über 160 am Tag. Da ist schnell das Limit der Organisierbarkeit erreicht.“ Katastrophen sind logistische Herausfor- derungen, bei denen es um viele Menschen- leben geht. Kommt die erste Hilfe nicht in- nerhalb von 72 Stunden bei den Opfern an, kann jede weitere Verzögerung Leben kosten. Gleichzeitig sind meist normale Transport- wege zerstört: In Haiti hatte das Erdbeben der Stärke 7,0 die Kräne im Hafen von Port-au- Prince demoliert und die Kais überflutet, die Straßen aufgerissen, Erdrutsche ausgelöst und Brücken zerstört. Telefon- und Internetver- bindungen waren zusammengebrochen. Als die insgesamt 1,5 Milliarden US-Dollar Spen- dengelder der internationalen Gemeinschaft zu fließen begannen, konnten die Hilfsgüter nur per Lufttransport geliefert werden – und mit nur einer funktionsfähigen Landebahn verwandelte sich der Flughafen in ein Na- delöhr. Selbst ein Flugzeug von „Ärzte ohne Grenzen“ mit einem mobilen Krankenhaus an Bord konnte nicht mehr landen und muss- te nach Santo Domingo in der benachbarten Dominikanischen Republik ausweichen. „Bottleneck“-Situationen wie diese sind typisch für große „CNN-Disaster“, wie man Katastrophen mit hoher Medienpräsenz und ebensolchem Spendenaufkommen in der hu- manitären Szene nennt. Die humanitäre Lo- gistik wird vor allem durch unkoordinierte Sachspenden von Privatpersonen, kleinen Organisationen und befreundeten Ländern erschwert. Heikel ist das besonders in der so- genannten Rapid-Response-Phase, den ersten zwei Wochen, in denen die Supply Chain Titel Foto:picturealliance Logistikprofis im Dienste der Menschlichkeit Sie sind die Spezialisten, die Katastrophenhelfer und deren Equipment schnell an ihren Einsatzort bringen. Und auch im Krisengebiet können Logistikunternehmen wie DHL, Kühne + Nagel oder TNT als Partner der Hilfsorganisationen unter chaotischsten Bedingungen für Ordnung und flüssige Abläufe sorgen. Alltäglich ist ihre Arbeit jedoch nie. Herausforderung „CNN-Disaster“